26. September 1921 – 21. September 2013
Katharina Thaller wurde 1921 in Wutschein/Kärnten als fünftes von sieben Kindern ausgesprochen armer Leute geboren. Der Vater war schon in jungen Jahren Kriegsinvalide geworden und fand keine Arbeit mehr. Die Familie wohnte im Zuhaus eines Bauernhofs und musste die Miete abarbeiten. Das Haus hatte weder Strom noch eine Wasserleitung, es war kalt und feucht, die Kinder waren deswegen oft krank, eine Schwester starb sogar. Katharina, genannt Kathi, erkrankte mit zwei Jahren an Kinderlähmung und hatte seither eine kraftlose linke Hand.
Wegen seiner Erlebnisse im 1. Weltkrieg war ihr Vater den „Bibelforschern“, den späteren ZeugInnen Jehovas, beigetreten. Für Kathi Thaller war es ein Lichtbildervortrag der BibelforscherInnen über die Erschaffung der Erde, der sie so tief beeindruckte, dass sie mit 16 Jahren aus der katholischen Kirche austrat.
Mit dem Einmarsch der Nazis veränderte sich die Stimmung in dem winzigen Dorf, und der Druck auf die Familie nahm deutlich zu: Als Kathi Thaller selbst sich weigerte, beim BDM mitzumachen und der Vater den jüngsten Sohn nicht zur Hitler-Jugend geben wollte, wurden sie denunziert. Einen Monat, nachdem Katharina Thaller im April 1943 als Zeugin Jehovas getauft worden war, wurden sie und ihr Vater wegen ihres Glaubens schließlich von der Gestapo verhaftet, sie ins KZ Ravensbrück, der Vater ins KZ Dachau deportiert.
In Ravensbrück hatte sie das Glück, relativ bald in einen Block mit anderen Bibelforscherinnen zu kommen. Angesichts ihrer Behinderung war es ein weiterer Glücksfall, dass sie eineinhalb Jahre lang zur Putzarbeit im Büro des Schutzhaftlagerführers eingeteilt war. Ihr tiefer Glaube und die gegenseitige Unterstützung der Bibelforscherinnen, die sich als Schwestern bezeichnen, ermöglichten es Katharina Thaller, die immer brutaler werdenden Lebensumstände im KZ auszuhalten und zu überleben.
Als sie am 5. Juli 1945 nach Kärnten zurückkam, wurde sie von ihrem Vater, der ebenfalls überlebt hatte, bereits per Durchsage im Radio gesucht. Doch der Zusammenhalt in der Familie war zerstört, die Mutter verließ die Familie und auch die Geschwister verstanden sich nicht mehr. Eine Zeitlang wohnte Katharina Thaller mit ihrem Vater zusammen, litt aber sehr darunter, dass sie nicht einmal mit ihm über die Zeit im KZ reden konnte. Schließlich zog sie in eine eigene kleine Wohnung in Klagenfurt. Sie bekam eine kleine Opferrente und machte Predigtdienst, wenn es ihre Gesundheit zuließ, denn sie war in den folgenden Jahrzehnten oft schwer krank.
Als die ZeugInnen Jehovas 1997 begannen, ihre Verfolgungsgeschichte aufzuarbeiten, erklärte auch sie sich bereit zu berichten und trat für die Ausstellung „Standhaft trotz Verfolgung“ (1998) zum ersten Mal mit ihrer Geschichte an die Öffentlichkeit. Zu dieser Zeit gab sie auch dem Projekt „VideoArchiv Ravensbrück“ der ÖLGR/F ein intensives lebensgeschichtliches Interview und stimmte wenig später zu, in der Ausstellung „Wege nach Ravensbrück“ porträtiert zu werden. Das Videointerview der ÖLGR/F wurde zudem Teil des Kinofilms „Vom Leben und Überleben“, bei mehreren der in den nächsten Jahren folgenden Filmaufführungen war sie persönlich anwesend. 2009 trat sie für den Film „Jehova Gott hat mich am Leben erhalten“ (Marika Schmiedt, Reihe „VISIBLE“) noch einmal vor die Kamera.
Nun ist Katharina Thaller am 21. September 2013, kurz vor ihrem 92. Geburtstag gestorben.
Sylvia Köchl