Stellungnahme zum Justizskandal rund um „Aula“-Artikel
Österreichische Lagergemeinschaft Ravensbrück & FreundInnen
Im Artikel „Mauthausen-Befreite als Massenmörder“ von Manfred Duswald in der Zeitschrift „Aula“ vom Juli/August 2015 werden ehemalige Häftlinge des Konzentrationslagers Mauthausen pauschal kriminalisiert, als „Landplage und Massenmörder“ bezeichnet, die als „Horde“ „räubernd, plündernd, mordend und schändend“ das umliegende Land plagten. Dieser Artikel stellt eine skandalöse Diffamierung der Opfer und Verfolgten des Nationalsozialistischen Regimes dar. Noch schlimmer allerdings empfinden wir, die ÖSTERREICHISCHE LAGERGEMEINSCHAFT RAVENSBRÜCK & FREUNDINNEN, die Einstellung des von Dr. Harald Walser angestrebten Verfahrens (gemäß Verbotsgesetz) gegen den Verfasser des Artikels mit der Begründung, es sei „nachvollziehbar, dass die Freilassung mehrerer Tausend Menschen aus dem KZ Mauthausen eine Belästigung für die betroffenen Gebiete Österreichs darstelle“. Wir schließen uns hier inhaltlich dem Historiker Bertrand Perz an, der in der ZIB 2 feststellte, die Staatsanwaltschaft Graz setze hier „die NS-Propaganda fort“.
Wir begrüßen es zwar, dass der Strafrechtssektionschef des Justizministeriums, Christian Pilnacek, in seiner Stellungnahme von einer „groben Fehlleistung“ und von notwendigen Konsequenzen spricht. Wiederum schockierend allerdings ist es, dass der für die Bewertung und damit für die Entscheidung über die Wiederaufnahme zuständige Rechtsschutzbeauftragte des Justizministeriums die Begründung zur Verfahrenseinstellung als „unbedenklich“ bewertet, dies des Weiteren mit einer sehr subjektiven Geschichtserfahrung belegt und dass er mit dem Hinweis auf eine verstrichene Frist eine Wiederaufnahme ablehnt.
Dass ein solches Vorgehen möglich ist, zeugt einmal mehr davon, dass historisches Wissen über die NS-Zeit und eine antifaschistische Grundhaltung in Teilen des Justizapparats entweder nicht vorhanden ist oder grob vernachlässigt wird und dass diese Organe damit die Befähigung zur Bewertung von Texten wie dem o.g. Artikel vermissen lassen.
Als AntifaschistInnen und im Namen der Opfer und Verfolgten des NS-Regimes fordern wir die Wiederaufnahme des Verfahrens, die Beiziehung von historischen ExpertInnen und eine Richtigstellung der geschichtlichen Tatsachen.
ÖSTERREICHISCHE LAGERGEMEINSCHAFT RAVENSBRÜCK & FREUNDINNEN
Wien, am 10. Februar 2016
Diese Stellungnahme ging an die Medienstellen der beteiligten Staatsanwaltschaften, das Justizministerium, den Österreichischen Bundespräsidenten, die österreichischen Opferverbände, das DÖW und den Gedenkdienst.
Weitere Informationen:
Standard-Artikel (mit Download-Link zur parlamentarischen Anfrage von Dr. Harald Walser): http://derstandard.at/2000030539418/Aula-darf-KZ-Haeftlinge-Landplage-und-Massenmoerder-nennen?ref=article
Blog Dr. Harald Walser: Aula-Affäre: Justizministerium top – Rechtsschutzbeauftragter flop?