6. November 1919 – 27. November 2007
Aloisia Täubler kam am 6. November 1919 in Oberösterreich zur Welt. Sie wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf, bereits als 13-Jährige musste sie zu einem Bauern in den Dienst gehen. Die ersten eineinhalb Jahre erhielt sie keinen Lohn und arbeitete nur für Kost und Logis.
Sie wechselte alle paar Jahre den Bauernhof, bei ihrem letzten Dienstgeber freundete sie sich mit einem der Zwangsarbeiter – einem „Halbjuden“ aus Warschau – an. Trotz des strengen Verbots, jenseits von Arbeitsbefehlen mit den ZwangsarbeiterInnen zu kommunizieren, gab sie ihm Kleidungsstücke ihres 1939 verunglückten Bruders, schenkte ihm Raucherkarten, wusch und bügelte ihm seine Kleidung. Da viele Menschen Kontakte zu ZwangsarbeiterInnen hatten, rechnete Aloisia Täubler nicht damit, denunziert zu werden. Doch zwischen Dienstmägden und Bäuerinnen bzw. Bauerntöchtern wurden – so Aloisia Täubler – Unterschiede gemacht, bei letzteren wurde über diese „Vergehen“ oft hinweggesehen.
Am 12. Dezember 1943 wurde sie schließlich von der Gestapo verhaftet, nachdem sie denunziert worden war und im Linzer Polizeipräsidium als „Hure“ eingesperrt. Der polnische Zwangsarbeiter wurde in Hörweite Aloisia Täublers so schwer gefoltert, dass er mit einer Trage weggebracht werden musste, wenige Tage später wurde er erschossen. Obwohl das Gericht Aloisia Täubler freisprach, wurden die Gesuche der Mutter um Freilassung ignoriert, Aloisia Täubler stattdessen im Frühjahr 1944 über Dresden und Berlin ins Konzentrationslager Ravensbrück deportiert. In der Malerei und Anstreicherei eines Rüstungsbetriebs musste sie annähernd ein Jahr lang in wöchentlichen Tag- und Nachtschichten ausgebessertes Militärgewand streichen. Am 4. April 1945 wurde sie unverhofft entlassen und kehrte in ihren Herkunftsort zurück – aus Angst vor Beschimpfungen ging sie auf wenig frequentierten Wegen zu ihrem Elternhaus. Zu tief saß die Angst, neuerlich als Hure oder als KZlerin beschimpft zu werden.
Auch die Eltern von Aloisia Täubler waren Beschimpfungen und Beleidigungen ausgesetzt. Die Bekanntgabe des Denunzianten gegenüber den amerikanischen Truppen, die wenig später eintrafen, verweigerte Aloisia Täubler im Vertrauen auf höhere Gerechtigkeit. Die Ehefrau des Denunzianten bemühte sich um „Wiedergutmachung“: „Die Bäuerin hat zu meiner Mutter gesagt, dass sie das alles gutmachen wolle, was sie mir angetan haben. Da hat die Mutter gesagt: ‚Das können Sie nicht gutmachen, weil was die hinter sich hat, da muss sie selber damit fertig werden.‘ Es kann auch keiner das gut machen. Das ist ja doch in mir drinnen, was sie mir angetan haben.“
Von der Bevölkerung waren Aloisia Täubler und ihr Sohn, den sie im November 1946 zur Welt brachte, immer wieder Beleidigungen ausgesetzt. Als sie einen Wiener kennen und lieben lernte, heiratete sie diesen 1947 und zog mit ihm nach Wien. Mit ihm hatte sie zwei weitere Kinder. Aufgrund schwerer Kriegsverletzungen musste ihr Ehemann früh in die Invaliditätsrente und so bestritt Aloisia Täubler den Lebensunterhalt als Hausmeisterin.
Aloisia Täublers Leben bestand hauptsächlich aus harter Arbeit, rückblickend nannte sie als schönste Zeit ihres Lebens ihre Hochzeitsreise: „Das Schönste? – Wie wir nach Innsbruck gefahren sind, diese eine Woche, weil ich von meinem Leben ohnehin nichts gehabt habe.“ Dennoch ließ sie sich nie den Mut nehmen, und das Erlittene ertrug Aloisia Täubler mit Ergebenheit bzw. Zuversicht in göttliche Gerechtigkeit: „Nun, es ist Schicksal gewesen. Es hat so sein müssen.“
Aloisia Täubler war seit 1948 Mitglied der Österreichischen Lagergemeinschaft Ravensbrück, die monatlichen Treffen hatte sie jedoch selten besucht – nicht zuletzt aufgrund der Erinnerungen an die Verfolgungszeit, die dann immer wieder wach wurden.
Aloisia Täubler verstarb am 27. November 2007 im Alter von 88 Jahren.
Die Zitate stammen aus einem lebensgeschichtlichen Interview mit Frau Täubler, geführt von Hemma Mayrhofer 1999.