22. Juli 1911 – 22. Oktober 2007
Marianne Krasovec wurde am 22. Juli 1911 als ältestes von sechs Kindern im steirischen Ort Gaishorn am Schoberpass geboren und übernahm schon früh das Interesse an Politik von ihrem Vater, Lorenz Maier. Dieser war als Bergarbeiter bei der Österreichisch-Alpine Montangesellschaft beschäftigt und starb im Jahr 1923 an Typhus, was Marianne sehr traf. Die zu diesem Zeitpunkt 12-jährige musste frühzeitig die Schule abbrechen, um sich um ihre Geschwister kümmern zu können. Die Mutter der Kinder, Anna Maier, fand zunächst bei Bauern Arbeit und später bei der Alpine.
Mit 14 Jahren versuchte Marianne aus der Familie auszubrechen und arbeitete unter anderem als Magd, danach – bis zur Geburt des Sohnes Ferdinand im Jahr 1935 – in der Papierfabrik in Niklasdorf. Einige Jahre zuvor hatte sie Ferdinand Krasovec geheiratet, den Begründer des kommunistischen Jugendverbands in Leoben. Da Marianne Krasovec zusammen mit ihrem Mann die PartisanInnen unterstützte – sie fungierte beispielsweise als Kurierin –, wurde sie im Juli 1944 direkt von der Fabrik weg verhaftet. Zunächst hielt die Gestapo sie als Geisel, um ihres Mannes habhaft zu werden, doch auch nach dessen Festnahme wurde die junge Frau nicht freigelassen.
Marianne Krasovec wurde ins Grazer Gefängnis am Paulustor gebracht, dort verhört, in weiterer Folge von den anderen Leobnerinnen getrennt und unter den „Windischen“ eingereiht. Gemeinsam mit 15 ihr unbekannten Sloweninnen wurde sie ins Konzentrationslager Ravensbrück deportiert. „Ich bin von meinen Leuten also buchstäblich weggekommen, habe keinen mehr gesehen, bis ich nach Hause gekommen bin. (…) Es ist schon sehr schwer, wenn man dann von den Eigenen wegkommt, überhaupt nie mit den Seinen beisammen ist. (…) Man hat sich doch gegenseitig ein bisschen aufgebaut. Und das habe ich nicht gehabt.“
In Ravensbrück musste Marianne Krasovec Zwangsarbeit auf dem Feld leisten und wurde kurze Zeit später in das Außenlager Eberswalde überstellt. Als sie zunächst zum Ziegel verladen eingeteilt wurde, wusste sie, dass sie diese Arbeit mit ihrem verletzten Arm nicht lange würde überstehen können und setzte daher alles daran, in ein anderes Arbeitskommando eingeteilt zu werden. Mit Hilfe ihres großen Durchsetzungsvermögens schaffte sie es Arbeit in der Lagerküche zu bekommen. Marianne Krasovec versuchte stets forsch aufzutreten, um sich während der KZ-Haft und auch vor den Übergriffen der Alliierten zu schützen: „Wissen Sie, wenn einer sagt, er hat keine Angst gehabt, dann ist das Blödsinn. Angst hast du immer gehabt, aber du musst die Wilde spielen. Angst, Angst, Angst darf man nie zeigen. Nie Angst zeigen und niemals Alkohol annehmen.“ Nach der Auflösung von Eberswalde wurde sie zurück nach Ravensbrück gebracht, wo sie Ende April die Befreiung durch die Rote Armee miterlebte.
Die politischen Umbrüche spiegeln sich auch in den verschiedenen Staatsbürgerschaften, die Marianne Krasovec im Laufe ihres Lebens hatte, wider. Als Kind wurde sie von den Behörden als Österreicherin geführt, mit ihrer Heirat wurde sie jugoslawische Staatsbürgerin, während des Krieges zur Reichsdeutschen und schließlich 1945 wieder zur Österreicherin – und das, obwohl sie immer in Österreich gelebt hat. „Ich war nie weg, außer in der Zeit, in der ich eingesperrt war. Sonst war ich nie fort von der Steiermark.“
Drei Tage nach ihrer Ankunft zu Hause im Juli 1945 traf auch ihr Mann Ferdinand ein, den Marianne Krasovec und Sohn Ferdinand zunächst fast nicht wiedererkannten, sosehr war er in Mauthausen abgemagert und geschunden worden. Die Verarbeitung der schrecklichen Erlebnisse verlief bei den beiden sehr unterschiedlich. Während Marianne Krasovec den Kontakt zu ihren Mitmenschen vermied, versuchte ihr Mann die verlorene Zeit „nachzuleben“, was zu einer Krise führte, welche die beiden jedoch bewältigen konnten.
Nach dem Krieg hätte sich Marianne Krasovec noch ein zweites Kind gewünscht, doch durch die gesundheitlichen Folgen der KZ-Haft konnte sie keine Kinder mehr zur Welt bringen.
Eine der schmerzlichsten Erfahrungen nach dem Krieg war für sie, dass ihr Sohn Ferdinand aufgrund der KZ-Haft seiner Eltern Schwierigkeiten im Berufsleben hatte. Dennoch bereute sie Widerständigkeit nicht.
Marianne Krasovec besuchte, solange es ihre Gesundheit zuließ, die wöchentlichen Treffen der Ravensbrückerinnen im Leobner KZ-Verband und war die ganzen Jahre über Mitglied der KPÖ. Im Rahmen der Österreichischen Lagergemeinschaft Ravensbrück war sie von 1986 bis 1991 im erweiterten Vorstand für die Steiermark tätig.
Die letzten Jahre verbrachte Marianne Krasovec in einem Seniorenheim und hatte weiterhin engen Kontakt zu ihrem Sohn Ferdinand und dessen Frau Herta, die sich bis zum Schluss um sie kümmerten.
Am 22. Oktober 2007 verstarb Marianne Krasovec im Alter von 96 Jahren.
Quelle: Helga Amesberger / Brigitte Halbmayr „Vom Leben und Überleben. Wege nach Ravensbrück. Das Frauenkonzentrationslager in der Erinnerung“, Band 2. Wien 2001. S. 144-149
Zwei lebensgeschichtliche Interviews mit Marianne Krasovec, geführt von Helga Amesberger (Kamera: Bernadette Dewald), sind Bestandteil des VideoArchivs Ravensbrück.