5. Jänner 1913 – 11. März 2008
Gerti Schindel, am 5. Jänner 1913 in der Wiener Leopoldstadt geboren, wuchs mit ihren älteren Brüdern Georg und Erich in einer aus Galizien nach Wien eingewanderten jüdischen Familie auf. Sie erlernte den Beruf der Gärtnerin und trat 14-jährig in den Kommunistischen Jugendverband ein. Es begann eine rege politische Tätigkeit.
Nach einem Aufenthalt in der Sowjetunion wurde sie 1935 in Wien das erste Mal verhaftet und zu sechs Wochen Arrest verurteilt. Ab 1937 lebte sie in Frankreich, zunächst in Paris, wo sie in der österreichischen Organisation der Spanienkämpfer mitarbeitete, dann in Südfrankreich. Im Mai 1942 kehrte sie nach Paris zurück, um in der „Mädchenarbeit“ der „travail allemand“ mitzumachen. 1943 wurde Gerti Schindel von ihrem Freund René Hajek, ebenfalls österreichischer Kommunist jüdischer Herkunft, schwanger. Im selben Jahr kehrten beide als „elsässische Fremdarbeiter“ unter den Decknamen Suzanne Soel und Pierre Lutz nach Österreich zurück, um in Linz im Auftrag der Exil-KPÖ eine Widerstandsgruppe aufzubauen.
Am 4. April 1944 gebar Gerti Schindel in Bad Hall in Oberösterreich ihren Sohn Robert. Nur fünf Monate nach der Geburt ihres Kindes wurden Gerti und René verhaftet und nach Auschwitz deportiert. René Hajek wurde im März 1945 in Dachau ermordet.
Gerti Schindel wurde kurz vor Kriegsende mit zwei anderen im kommunistischen Widerstand aktiven Jüdinnen ins KZ Ravensbrück transportiert, wo sie im März 1945 nur durch die Solidarität der Frauen der internationalen Widerstandsorganisation im Lager, unter Todesgefahr aller Beteiligten, vor der Hinrichtung gerettet werden konnte. Eine jugoslawische Ärztin hatte den Frauen die Auschwitz-Nummern aus dem Arm operiert, sie wurden wochenlang in immer wieder wechselnden Verstecken verborgen, bis die drei Frauen in einem schwedischen Rot-Kreuz-Transport aus dem Lager geschmuggelt werden konnten.
Nach Kriegsende, zurückgekehrt nach Wien, erfuhr Gerti vom Tod René Hajeks sowie vom Tod ihres Vaters und ihres Bruders Georg, die nach Riga deportiert und dort erschossen worden waren. Ihre Mutter war bereits vor dem Krieg verstorben. Sie suchte nach ihrem Sohn und fand ihn – das Kleinkind hatte den Krieg in einem Wiener Kinderheim und bei Zieheltern überstanden. Gerti Schindel heiratete den Spanienkämpfer Georg Nürnberger und arbeitete bis zu ihrer Pensionierung in der Internationalen Abteilung der KPÖ. Ihr Sohn Robert Schindel zählt heute zu den wichtigsten Schriftstellern Österreichs, seine Arbeiten wurden mit mehreren Preisen gewürdigt.
Die letzten Jahre lebte Gerti Schindel in einem Pflegeheim. Am 11. März 2008 starb sie im Alter von 95 Jahren. Die Lagergemeinschaft Ravensbrück & Freundinnen gedachte Gerti Schindel bei ihrem monatlichen Treffen im April.
Ildikó Cazan-Simányi